Fünf Regeln für erfolgreiche Kommunikation im Wahlkampf

Politik

Zugegeben: Politiker haben es heutzutage nicht leicht, wenn es um die Frage der richtigen politischen Kommunikation geht. Über viele aktuelle Themen herrschen momentan in der Bevölkerung unterschiedliche, zum Teil polarisierende Meinungen vor. Wenn sich Politiker eindeutig zu einem Sachverhalt positionieren, ist der nächste Shitstorm meist nicht weit.

Aus der Studie „Kartografie der politischen Landschaft in Deutschland“, in der Pollytix Strategic Research die politische Stimmung in Deutschland untersucht hat, geht hervor, wie pluralistisch unsere Gesellschaft ist. Die Studie zeigt, dass die Bürger der Bundesrepublik im Hinblick auf ihre politischen Einstellungen und Erwartungen an die Politik hochgradig heterogen sind. Seien es Einstellungen zum Sozialstaat, zur Integrationspolitik oder aber zum politischen System: So vielfältig die Themen, so vielfältig sind auch die Wertvorstellungen und Präferenzen der Deutschen.

Auf Grundlage der Daten konnten acht einstellungsbasierte Segmente identifiziert werden, in die sich die Bevölkerung gemäß ihrer Einstellungen einteilen lässt. Auch beim Wahlverhalten zeigen sich zwischen den Segmenten Unterschiede. Es lässt sich eindeutig ableiten, welche Segmente für bestimmte Parteien empfänglich sind und welche nicht.

Segmente und Wahlverhalten

Fokussierte Ansprache

Aus den Ergebnissen der Studie ergibt sich eine klare Handlungsanweisung für Parteien: zielgerichtete Kommunikation. In Wahlkämpfen geht es darum, Gruppen für die eigenen politischen Ideen zu gewinnen. Voraussetzung dafür ist ein gewisses Maß an Grundoffenheit der Wähler für die Programmatik einer Partei.

Parteien müssen sich daher im Wahlkampf auf die ihnen gegenüber aufgeschlossenen Gruppen konzentrieren und diese mit den entsprechenden Themen über die zielgruppenspezifischen Kanäle ansprechen. Eine Kommunikationsstrategie, die auf vage oder sich teilweise widersprüchliche Aussagen setzt, um den Interessen aller Wähler gerecht zu werden, führt letztendlich zu einem fehlenden Profil und verprellt die eigene Zielgruppe.

Gerade Volksparteien müssen akzeptieren, dass der Anspruch, eine Politik für alle zu betreiben, nicht impliziert, im Wahlkampf auch alle anzusprechen. Die Fokussierung auf bestimmte Zielgruppen erfordert Mut, wird jedoch von den Wählern honoriert, wie das Beispiel Martin Schulz zeigt: Anstatt durch eine Annäherung an die AfD vermeintlich verlorene SPD-Wähler zurückgewinnen zu wollen, beweist der designierte SPD-Kanzlerkandidat Haltung gegenüber Rechtspopulisten.

Damit erfüllt er die Erwartungen der weltoffenen und toleranten SPD-Zielgruppe an eine sozialdemokratische Politik und wird von ihr mit einem Umfragehoch belohnt. Schulz scheint verstanden zu haben, dass ein Ruck nach Rechts im Endeffekt einzig der AfD hilft und abtrünnige Wähler nur durch seine Politik langfristig zurückzugewinnen sind.

Dass zur Identifikation der relevanten Zielgruppe tiefgreifende Datenanalysen notwendig sind und das reine Gefühl der Politiker für ihre Wählerschaft nicht ausreicht, haben die Parteien in Deutschland – wenn auch mit etwas Verspätung – erkannt. Nur wer seine Zielgruppe kennt, kann sie auch gezielt ansprechen.

Regeln für erfolgreiche Wahlkampfkommunikation

Neben dem “Wer” ist auch das “Wie” für eine erfolgreiche Wahlkampfkommunikation entscheidend. Dabei sollten Parteien fünf grundlegende Kommunikationsregeln beachten:

1# Meta-Narrativ erzählen

Das Gesamtpaket macht‘s: Was die Wähler begeistert, sind nicht einzelne politische Maßnahmen, sondern eine Vision für das Land. Eine erfolgreiche Wahlkampagne zeichnet sich durch das Erzählen eines Meta-Narrativs aus, welches den Fokus mehr auf das übergeordnete Ziel als auf einzelne Instrumente legt.

2# Konsistente und disziplinierte Kommunikation

Die schönste Vision bringt nichts, wenn man sie nicht konsistent erzählt. Das Senden widersprüchlicher Botschaften erzeugt in der eigenen Wählerschaft Irritationen über die politischen Ziele der Partei. Entscheidend ist daher, die ganze Wahlkampfperiode – und am besten darüber hinaus – “on message” zu bleiben, damit die Botschaft beim Wähler ankommt und sich festsetzt.

3# Auf Augenhöhe kommunizieren

Eine in der Wahrnehmung zunehmende Entkopplung der Politik von der Bevölkerung macht Bürgernähe und Authentizität zur zwingenden Vorrausetzung für politische Kommunikation jeglicher Art. Die Bürger haben das Bedürfnis nach einer Auseinandersetzung mit der Politik auf Augenhöhe, bei der sie als gleichwertiger Gesprächspartner angesehen werden. Politische Kommunikation darf keine Einbahnstraße sein: Weniger Paternalismus, mehr Dialog lautet die Devise.

4# Klare und einfache Sprache

Keep it simple. Politiker sollten sich auf die Kernaussagen ihrer Politik konzentrieren und diese verständlich kommunizieren. Was beim Wähler hängenbleibt, sind letztendlich kurze und prägnante Aussagen und nicht komplexe und mit Fremdwörtern bestückte Schachtelsätze. 

5# Dynamische Kommunikation

Elbe-Hochwasser oder Fukushima: Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass unerwartete Ereignisse eine ganze Wahlkampfdynamik verändern können. Gute Kampagnen reagieren darauf agil und schlagfertig, anstatt sich auf statische Kommunikationsmittel wie Wahlplakate zu verlassen. 

 

Zur Studie:

Die Studie “Kartografie der politischen Landschaft in Deutschland” wurde im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung durchgeführt. Sie untersucht die politische Stimmung in der deutschen Bevölkerung. Es wurden qualitative Tiefeninterviews durchgeführt, Fokusgruppen sowie in einer repräsentativen Erhebung 5.000 Menschen befragt.